Samstag, 15. Oktober 2016

#299

Heute wurden offiziell die 300 Tage geknackt.
Keine 300 Tage mehr bis Schweden...

Wisst ihr, dieses Zählen hat mich ja schon immer fasziniert. In meiner ganz krassen Phase wusste ich stets genau, wie viele Tage es noch sind. Bin früh aufgewacht und dachte "noch X Tage bis Schweden" und hab dann jeden Tag überall in meine Schulhefte und auf mein Handgelenk diese Zahl geschrieben, darauf gestarrt und bin ganz aufgeregt geworden.

Es war mein kleines Geheimnis, niemand wusste, was diese Zahlen bedeuten. Mein Banknachbar hat mehrmals gefragt und jedes Mal nur ein "irgendwann sag ichs dir" als Antwort bekommen. Schweden war mein kleines Geheimnis. Zwar hatte ich meiner Mama sehr schnell von meinen Plänen erzählt, aber wie ernstzunehmen ist schon eine 13-jährige, die davon redet was sie in 2-3 Jahren mal machen will. Auch in den folgenden Monaten habe ich ein paar wenige Freunde eingeweiht, in mein Geheimnis und jedes Mal wusste ich, dass mein Gegenüber mich nicht ernst nimmt, was ja auch verständlich ist. Aber ich wusste immer, dass ichs machen werde und je länger mein Wunsch bestand, desto mehr Leute "glaubten" mir auch. ("Du willst >immernoch< nach Schweden?!")

Eines Dezembertages war der Plan plötzlich da und sofort habe ich gerechnet, wie viele Tage es noch sind: 941... an diesem Abend war ich so aufgeregt, dass ich erst weit nach Mitternacht einschlief. Als ich am nächsten Morgen im Dunklen zur Bushaltestelle stapfte, hatte ich nur diese Zahl im Kopf und war sehr zufrieden mit mir und meinem Plan.

Als nun die Zahl Tag um Tag kleiner wurde, habe ich festgestellt, wie sehr mich das ganze motiviert und wie es mir hilft ewige Schultage durchzustehen. Besondere Zahlen (900, 850, 777 usw.) hatten nocheinmal extra Einfluss auf mich und solche Tage waren für mich, wie ein Feiertag.

Doch irgendwann musste ich erkennen, dass ich schon fast besessen von der ganzen Sache war und es mich zunehmend unglücklich machte. Es war noch so lange hin und ich wollte einfach nur, dass die Zeit schneller vergeht. Ich fand mein damaliges Leben immer doofer und wünschte mich immer mehr nach Schweden. Ich war natürlich intelligent genug, um zu wissen, dass in Schweden keinesfalls alles besser ist und, dass ich nicht so einfach Lebenszeit mit Warten vergeuden darf. Dann musste ich mir auch noch eingestehen, dass es viel vernünftiger ist, das Austauschjahr erst nach der 10. und nicht, wie bisher von mir geplant nach der 9. Klasse zu machen. Aus knapp 600 Tagen wurden mit einem Mal wieder über 950. Mehr als jemals zuvor...

So beschloss ich, dass ich das mit dem Tagezählen erstmal sein lasse und siehe da, die Zeit verging auch ohne, dass ich sie die ganze Zeit beobachte.

Da sitze ich nun hier und weiß nicht, wie ich mich fühlen soll, angesichts dieser Zahl und deshalb fühle ich einfach gar nichts.

Nächstes Jahr werde ich um diese Zeit wohl über meine ersten 2 Monate, meine ersten 60 Tage in Schweden schreiben, mal sehen, wie ich mich dann fühle.



Liebe Grüße,
Emilia


PS: Ich habe natürlich noch keine genauen Flugdaten, bin aber für meine Berechnungen vom Abflugdatum der aktuellen ATS ausgegangen.

PPS: Seit zwei Tagen ist irgendwie total viel los auf meinem Blog, was mich sehr freut und noch mehr würde es mich freuen, wenn ihr mal einen Kommentar hinterlasst, damit ich weiß, wer sich hier so meine epischen Wort-Ergüsse zu Gemüte führt. An dieser Stelle mal Grüße nach Schweden, Norwegen, Argentinien, Frankreich, Italien, Spanien und in die USA.

2 Kommentare:

  1. Hey,

    Ich habe mir gerade mal die Zeit genommen und deinen Blog genauer gelesen. Es tut mir übrigens leid, dass ich schon wieder was kommentiere. Aber dieser Eintrag hat es mir angetan, denn mir ging es genau so. Ich weiß nicht, wie oft ich mit meinen Freundinnen in den Pausen zusammen saß und dann dachte, nächstes Jahr um diese Zeit sind wir alle auf der Welt verstreut, ich bin weg. Und ich habe ewig gebraucht, um das Schrumpfen der Zahl zu realisieren. Es war für mich so beängstigend und selbst 100 Tage, ja selbst noch 50 Tage klangen so weit weg für mich. Und auch, dieses "Gefühl", dass du beim Anblick der Zahl beschreibst, kann ich so gut nach empfinden und eigentlich will ich dir nichts versichern, denn ich bin mir nicht sicher, ob diese Erkentnis jeden trifft, aber mit Bekanntgabe meiner Flugdaten und dem Wissen, welche Ereignisse du nicht mehr in Deutschland erleben wirst, wurde mir immer ein bisschen mulmig, wenn die Zahl geschrupmft ist, auch wenn ich es immer noch nicht so richtig wahr genommen hatte. Ich glaube ein Gefühl aus Angst, Vorfreude und vielleicht auch noch irgendwas anderem hat immer mal wieder in mir aufgebrodelt, wie ein Vulkan.
    Es tut mir leid, dass ich deinen Blog so vollkritzel, aber irgenwie wollte ich dies doch mal komentieren... :)
    LG Lea

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    1. Hej Lea,
      Oh Gott, du musst dich doch nicht entschuldigen!!!
      Du kannst dir ja gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich jedes Mal über Kommentare freue. Und über diesen freue ich mich sogar noch mehr, denn ich ahne, dass du sehr sehr recht hast und auch ich mich viel zu bald mit all dem konfrontiert sehen werde.
      Diese Beschreibung mit dem Vulkan trifft es wirklich klasse und ich fühl mich grad verstanden, weil eigentlich ist diese Gefühl total unbeschreiblich und ich merke, dass es uns irgendwie allen ähnlich geht...

      Vielen Dank und fühl dich eingeladen ab sofort öfter meinen Blog "vollzukritzeln", würde mich freuen.

      Liebe Grüße,
      Emilia

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